Ein stilles Buch für laute Zeiten: Florian Illies schreibt über Caspar David Friedrich, den berühmtesten Maler der Romantik. Und über die Sehnsucht in seinen Bildern, die zaubern kann. Denn diese Sehnsucht macht ruhig und mahnt gleichzeitig zu Aufbruch: nicht warten, sondern fühlen, träumen, entscheiden, leben – jetzt.
Er konnte die Sonne nicht leiden, deshalb holte er den Mond und die Nacht in seine Malerei. Im Zeichnen der Figuren war er schlecht, weshalb er sie irgendwann nur noch von hinten zeigte. Er wollte Landschaften nicht einfach abbilden, sondern sie in ein Gefühl übersetzen und erfand die Sehnsucht in der Malerei. Er mahnt in seinen Bildern zu Aufbruch und schafft zugleich eine Stille, deren Zauber betörend ist: Caspar David Friedrich war sensationell unkonventionell und wurde damit zum größten Maler der Romantik.
[Du] hast die Welt gemacht.
Und sie ist groß und wie ein Wort,
das noch im Schweigen reift.
Zweimal bin ich ihm schon nachgereist: Vor knapp zwanzig Jahren mit einem klapprigen Ford Ka auf die Insel Rügen, um die Wissower Klinken zu sehen. Doch diese waren eine Woche vorher abgestürzt. Mittlerweile geht die Forschung aber davon aus, dass sie gar nicht das Vorbild für das berühmte Bild „Kreidefelsen auf Rügen“ waren. Caspar David Friedrich hat die romantische Landschaft vermutlich aus Versatzstücken seiner Erinnerung zusammengesetzt. Vor zwei Jahren fuhr ich dann mit dem Zug nach Hamburg, um den „Wanderer über dem Nebelmoor“ im Original zu sehen. Ich saß lange vor dem Bild, der Trubel ringsum konnte mir nichts anhaben, der Zauber der Stille erfüllte mich.
Und wie dein Wille ihren Sinn begreift,
Rainer Maria Rilke über Caspar David Friedrich
lassen sie deine Augen zärtlich los …
Florian Illies zeigt in seinem Buch, das anlässlich des 250. Geburtstages von Caspar David Friedrich erschien, den berühmten Maler von neuen Seiten: nicht nur als Kauz, der sich am liebsten in seinem verdunkelten Atelier verbarrikadierte, um den Mond zu malen. Er erzählt auch vom frisch verliebten Ehemann, der mit seiner jungen Frau Line auf einen Segeltörn geht, oder vom Familienvater, der sich darum sorgt, ob seine Kinder genug gebadet werden. Denn das Wasser ist das heimliche Element von Caspar David Friedrich. Zeit seines Lebens wird er an fließendem Gewässer leben – in Dresden zum Beispiel am Kai der Elbe. Dabei hat ihm ein Fluss die größte Seelenwunde zugefügt …
Tipp: Ich habe beim Lesen jedes beschriebene Gemälde gegoogelt und angeschaut. So reist man beim Lesen durch Feuer, Wasser, Erde und Luft – und die romantischen Bilder von Caspar David Friedrich. Eine zauberhafte Reise in wohltuender Stille, wunderschön!
Im Fischer Verlag um € 25,70